Donnerstag, 30. April 2015

KTC: Ein Stück Heimat im neuen Zuhause - Teil 2

(Fortsetzung von "KTC: Ein Stück Heimat im neuen Zuhause - Teil 1)

Eine Sache, die wir natürlich nicht vergessen durften, war der Besuch der Special School! Ich freute mich sehr darüber, Tom und Clarissa meinen Arbeitsplatz zu zeigen, an dem ich unter der Woche die meiste Zeit meines Tages verbrachte. Als wir durch das Schultor traten, kamen sofort viele Kinder auf uns zu gerannt und Clarissa und Tom wurden von Clinton, Mike, Babu und Kohorten belagert. Im ersten Moment kann das ziemlich überfordernd sein, aber ich glaube, die beiden haben sich über das herzliche Willkommen sehr gefreut. Außerdem konnte ich sie auch den Lehrern und Lehrerinnen der Special School vorstellen und mithilfe von Babu als Guide über das Gelände führen. Während ich das schreibe, fange ich an, die Kinder schon wieder zu vermissen… Wird Zeit, dass die Ferien vorbei sind und wir ab dieser Woche wieder in die Schule gehen!

 
Clarissa mit Babu und Clinton


Nach den paar Tagen in Kisii hatte ich für meinen Besuch noch Kisumu und Kakamega eingeplant. Wir verbrachten eine Nacht in Kisumu, wo wir bei einem Bekannten von uns günstig übernachten konnten, bevor wir am nächsten Tag Richtung Kakamega aufbrachen. Am Abend konnte ich den beiden noch meinen Lieblingsplatz in Kisumu zeigen: Das Dunga Hill Camp am Viktoriasee. Dort kann man – meiner Meinung nach – die schönsten Sonnenuntergänge der Welt sehen! 
Kakamega Forest ist der östlichste Zipfel des äquatorialen Regenwaldes, der sich einst von West- nach Ostafrika zog, aber inzwischen bis auf weniger als ein Zehntel der ursprünglichen Fläche in kleineren Splitterstücken abgeholzt wurde. Heute dient er vor allem als Touristenattraktion und zu Bildungszwecken. Es ist schon heftig, wenn man darüber nachdenkt, dass weltweit alle 5 Jahre eine Fläche an Regenwald abgeholzt wird, die ungefähr der Größe Deutschlands entspricht. Für das Weltklima und den Artenerhalt sind Regenwälder aber außerordentlich bedeutsam. Es wird geschätzt, dass knapp 75% aller Tier- und Pflanzenarten im tropischen Regenwald leben. Und die Vernichtung des Regenwaldes ist zu über 20% für den Klimawandel verantwortlich. Was man als Einzelner dagegen tun kann, ist z.B. sein Holz nur von Anbietern zu kaufen, deren Produkte vom international anerkannten FSC (Forest Stewardship Council) zertifiziert worden sind (mehr Infos zur Regenwaldabholzung und Gegenmaßnahmen hier). Selbst der Möbelgigant Ikea versucht bis 2020, all seine Produkte auf FSC-zertifiziertes Holz umzustellen. Allerdings gehört das größte Problem bei Ikea zum Geschäftskonzept: Billig-Möbel, die man nach ein paar Jahren wieder wegwirft. Nachhaltigkeits-Siegel hin oder her, am besten für die Umwelt ist es natürlich, wenn man seine Möbel möglichst lange nutzt (einen aktuellen Artikel zur Nachhaltigkeitsdebatte bei Ikea gibt's hier nachzulesen). Schließlich kann es nur in unser aller Interesse sein, die tropischen Regenwälder mit all ihrer Tier- und Pflanzenvielfalt zu erhalten. Und das nicht nur, weil sie so schön anzuschauen sind ;)...


Der Kakamega Forest

Trotz des vorausgesagten Regens buchten wir die lange Tour und verbrachten anschließend 5 Stunden damit, durch den feuchtwarmen Wald zu laufen. Unser Guide konnte uns einiges über die verschiedenen Vogel- und Affenarten und die Heilwirkungen verschiedener Pflanzen erzählen. Letzteres fand ich besonders spannend, da es z.B. eine Pflanze gab, deren Saft die Wundheilung förderte und wie ein natürliches Pflaster wirkte. Es ist doch erstaunlich, wie sehr wir – und damit meine ich sowohl Deutsche als auch Kenianer – inzwischen auf synthetisch hergestellte Medizinprodukte vertrauen, die es erst seit dem letzten Jahrhundert gibt, und dabei die ungeheure Fülle von wertvollem Wissen über natürliche Heilmittel, die die Menschen weltweit über mehrere Jahrhunderte lang erfolgreich angewendet haben, vernachlässigen. 

 
Nachhilfe in Naturheilkunde ;)


Aber die Pharmaindustrie ist wie jede andere Industrie eben auch wirtschaftlich orientiert und der Patient ist da in erster Linie auch Konsument. Ich finde es manchmal erschreckend, wie schnell einem hier in Kenia vom städtischen Allgemeinmediziner die allerbunteste Mischung aus Schmerzmitteln und Antibiotika verschrieben wird als wäre es das Allheilmittel überhaupt. Richtig abstrus wird es aber erst, wenn man sich die Verwendung von Forschungsgeldern in der Medizin anschaut. Auch wenn Ebola heutzutage alsgefürchtete Krankheit die größten Schlagzeilen einräumt, ist kaum bekannt, dass Malaria nach wie vor jedes Jahr mehrere Hunderttausend Tote in Afrika fordert. Doch da vor allem die ärmsten Menschen von dieser Krankheit betroffen sind, investiert die Pharmaindustrie weltweit wesentlich weniger in deren Erforschung als in weniger schlimme Krankheiten in der westlichen Leistungsgesellschaft, wie z.B. Erektionsstörungen, womit sich eben erheblich mehr Geld verdienen lässt (Quelle: „Afrika – die 101 wichtigsten Fragen und Antworten“). Doch ich schweife ab, zurück in den Kakamega Forest.




Die Atmosphäre im Regenwald war einfach wunderschön und eine willkommene Abwechslung zur quirligen Geräuschkulisse in Kenias Städten. Wenn man über den weichen Erdboden läuft, die Vögel zwitschern und die Bäume rascheln hört, die feuchte, frische Luft einatmet und ein paar Sonnenstrahlen durch das grüne Blätterdach brechen und die Regentropfen auf den tropischen Pflanzen zum Leuchten bringen, dann fühlt man sich wie in einer Märchenwelt.





Die Nacht verbrachten wir in einer urgemütlichen Holzhütte am Rand des Regenwalds, wo wir im Licht der Öllampen noch eine Runde Karten spielten, bevor wir ziemlich geschafft ins Bett fielen.




Am nächsten Tag ging es dann schon zurück nach Kisumu, die bereits letzte Etappe für meine Schwester. Der Abschied fiel mir unglaublich schwer, schwieriger noch als der Abschied aus Deutschland, obwohl uns jetzt doch nur noch ein paar Monate trennen. Aber in den zwei gemeinsamen Wochen hatte man sich schon wieder so aneinander gewöhnt und im Gegensatz zu meinem Abschied in Deutschland war es diesmal nicht ich, die ging. Ich verblieb weiterhin in meinem Leben in Kenia, während ein Stück meines Herzens wieder nach Deutschland reiste. Aber es ist ja nicht mehr lang und dann sehen wir uns wieder und ich bin wieder diejenige, die etwas zurücklassen muss…
Doch nach einer kleinen Heulzeremonie schaffte ich es auch wieder, mich aufs Hier und Jetzt zu konzentrieren und den Rest der Reise mit Tom zu genießen. Am Viktoriasee gönnten wir uns erstmal den besten Fisch Kenias (für mich natürlich eine absolute Ausnahme ;)!).




Und anschließend machten wir uns auf, unsere Couchsurferin ausfindig zu machen, die etwas außerhalb von Kisumu wohnte und uns für eine Nacht kostenlos beherbergte (kurze Info: couchsurfing.com ist die Internetplattform für eine weltweite Community, deren Mitglieder kostenlose Übernachtungen bei sich zu Hause anbieten – meiner Meinung nach die beste Art, günstig zu reisen und tolle Leute kennen zu lernen!). Wir wurden nach kenianischer Tradition mal wieder lecker bekocht und konnten uns gut mit ihrem Freund unterhalten, der besonders interessiert an der deutschen Innenpolitik war.
Von dort aus fuhren wir am nächsten Tag nach Nyagondo, Richtung Siaya. Nancy, eine kenianische Freundin, die wir vor ein paar Monaten in Kisii kennen gelernt hatten, hatte uns zu ihrer Hochzeit eingeladen und Anna und mich sogar zu ihren Brautjungfern gekürt. Während Tom und Tobi schon mal das Krawatte-Binden übten, probierten Anna und ich unsere eigens für diesen Zweck geschneiderten Kleider und passenden Schuhe (das Motto war blau-weiß) an. 

 
gar nicht so einfach ;)...



Brautjungfern und Blumenmädchen

Miriam und Luisa, die zwei Via-Freiwilligen aus Kisumu, stießen auch noch dazu und am nächsten Morgen standen wir früh auf, um uns dem Anlass entsprechend herzurichten ;). Nach kenianischer Manier ging die Hochzeit dann zwei Stunden später los als geplant und zog sich auch ziemlich in die Länge. Obwohl die Rede des Pastors etwas lang und gewöhnungsbedürftig– er schrie mit seinem Übersetzer quasi um die Wette ins Mikro – und mit westlichen Wertevorstellungen nicht unbedingt vereinbar war, genossen wir die Zeremonie trotzdem. Es war schön und rührend, Nancy in ihrem weißen Brautkleid zum Altar schreiten (naja, eher tanzen!) zu sehen und irgendwie hatten wir dann auch Tränen in den Augen. 

 
In der Kirche


Es war schon eine besondere Ehre für uns, ihre Brautjungfern sein zu dürfen, auch wenn uns bewusst war, dass wir dies allein unserer Hautfarbe und nicht etwa der bis dahin flüchtigen Bekanntschaft mit Nancy zu verdanken hatten… Insgesamt kann man sagen, dass die Hochzeit sehr nach westlichem Vorbild ablief, auch wenn vielleicht etwas mehr Tanz, Musik und Gejubel dabei war als man es aus deutschen Trauungen kennt. Ich durfte sogar noch ein Gedicht vortragen, das ich zu diesem Anlass für Nancy geschrieben hatte (auch wenn der Auftritt wegen des stockenden Mikros etwas unterging).

 
Mein erster "Wedding Slam" ;)
Danach machten wir wieder einen kleinen Zwischenstopp in Kisii, bevor Tom und ich uns entschieden, noch einen Trip nach Naivasha zu machen. Dort wollte ich ihm unbedingt den Hells Gate Nationalpark zeigen, da ich mir dachte, dass es genau sein Ding sein könnte. Endlich konnte er seine Naturverbundenheit richtig ausleben ;) und mit dem Fahrrad durch den Nationalpark radeln und anschließend durch die Schlucht klettern. Auch wenn es für mich schon der zweite Besuch war (diesmal zum Glück wesentlich günstiger dank meines workpermits), hat es mir wieder sehr gefallen und ich konnte im Gegensatz zum letzten Mal die lange Tour durch die Schlucht machen. 




 
Ganz nah dran :)






Neeiiin... die war nicht giftig ;)...


Blick über den Hells Gate Nationalpark

In Naivasha zelteten wir wieder im Fischerman’s Camp und nach Selbstaussage hätte Tom dort auch die kompletten drei Wochen verbringen können. Es ist einfach eine total gemütliche und ruhige Atmosphäre dort am See…




Doch irgendwann ging auch die Zeit mit Tom zu Ende und wir mussten uns schwermütig auf den Weg nach Nairobi machen. Wieder stand ein trauriger Abschied vor der Tür und wir verbrachten ungefähr die letzte Stunde damit, deprimiert im Café zu sitzen und die Tränen herunterzuschlucken. 
Nachdem ich Tom in den Bus Richtung Flughafen abgesetzt hatte, war die Zeit meines Besuchs aus Deutschland auch schon wieder vorbei. Es ist ein unglaubliches Privileg, dass ich nicht nur ein Jahr in einem Land verbringen darf, dass so unglaublich weit weg von Deutschland ist, sondern dass es sich zumindest ein kleiner, repräsentativer Teil meiner Familie und Freunde sogar auch leisten kann, mich dort besuchen zu können. Ich habe gemerkt, wie sehr ich mich inzwischen in Kenia schon eingelebt habe, und wie viel Spaß es macht, meine (Lern-)Erfahrungen mit anderen teilen zu können.Wenn ich nach meiner Rückkehr den beiden etwas aus Kenia erzähle, sind es die einzigen, die dazu bewegte Bilder im Kopf haben, Gerüche, Geräusche und Geschehnisse. Denn bei den meisten anderen, die noch nie etwas über das Leben in Kenia gehört haben, wird man sicherlich bei null anfangen müssen und erstmal erklären, dass es hier auch Supermärkte gibt und nicht alle Menschen an Hunger leiden oder an Aids sterben. Ich hoffe, dass ich vielleicht auch mit meinem Blog schon ein anderes Bild von Kenia vermitteln kann, das der modernen Lebensrealität hier etwas näher kommt als die gängigen Klischees in den Medien. Letztlich ist auch meine Perspektive nur ein kleiner, subjektiver Ausschnitt dessen, was es bedeutet, hier in Kenia bzw. Kisii zu leben. Aber ich bin froh, dass ich ihn dank des Internets mit ein paar Menschen von „zu Hause“ teilen kann, und ich freue mich auch sehr darüber, dass ich damit auf euer Interesse stoße! Vielen Dank an dieser Stelle für eure positiven Rückmeldungen! Damit ist auch, wenn ihr rein physikalisch nicht hier sein könnt, nicht nur ein kleiner Teil von mir bei euch, sondern auch ein Teil von euch bei mir :). Liebe Grüße aus Kenia nach Deutschland!

KTC: Ein Stück Heimat im neuen Zuhause - Teil 1



Woher kommen plötzlich die Erdbeermarmelade und das Nutella-Glas auf dem Tisch? Seit wann haben wir Aufback-Brötchen?? Was machen die Spätzle im Schrank?! Und wer hat die Milka-Schokolade mitgebracht??? – Klarer Fall: Besuch aus Deutschland!

 
Osterfrühstück mit Tom und Tobis Familie


Für zwei bis drei Wochen hatten wir in Kisii volles Haus mit Verwandten und Freunden von Anna, Tobi und mir. Wir mussten sogar einen Besuchsplan aufstellen, damit wir mit unserer Matratzenanzahl auskamen! Schließlich standen die Osterferien bzw. Semesterferien an, eine perfekte Gelegenheit für Berufstätige, Schüler und Studenten, einen kleinen Urlaub in Ostafrika zu verbringen ;).

Ich bekam Besuch von meiner Schwester Clarissa und Tom, einem Freund aus Jena. Wir waren zu dritt zwei Wochen in Kenia unterwegs und Tom ist sogar noch eine Woche länger geblieben.

Wie oft hatte ich mir den Moment ausgemalt, wie es sein würde, am Flughafen von Nairobi zu warten, dann irgendwann das Gesicht von meiner Schwester in der Menge ausmachen zu können und sie unter Freudentränen endlich in die Arme schließen zu können! Ganz so filmreif wurde die Begrüßung dann leider doch nicht… Ich hatte mir in den Tagen zuvor eine Grippe eingefangen, sodass ich den Tag vorher bei unserer Via-Koordinatorin Salome im Gästebett verbrachte, um mich auszukurieren. Clarissa wurde dann mit dem Taxi vom Flughafen abgeholt und als es sonntagmorgens an der Tür klingelte und ich schlaftrunken aus dem Bett torkelte, konnte ich gar nicht glauben, dass dort plötzlich meine Schwester vor mir stand. Ganz ehrlich, die ersten paar Stunden fühlte ich mich wie im Film! Kenia und meine Schwester – die zwei Realitäten passten bis dahin irgendwie nicht zusammen. Umso schöner war es, dass ich die beiden endlich vereinen konnte! Es war wirklich unglaublich wertvoll, mein Leben hier in Kenia mit jemandem von „zu Hause“ teilen zu können. Selbst wenn ich immer eifrig versuche, meinen Blog zu schreiben, kommt es letztendlich doch nicht an die Realität hier vor Ort heran. Irgendwo hört dann das auf, was man mit Worten beschreiben kann, und es beginnt etwas, das man einfach erleben muss, um es wirklich zu verstehen…

 
Erste gemeinsame Matatu-Fahrt :)


Obwohl Clarissa quasi schon zwei Tage und zwei Nächte Reise mit bedenklich wenig Schlaf hinter sich hatte – um es kurz zu machen: ihr Flug wurde spontan verschoben – und ich gerade erst wieder auf die Beine gekommen war, wollten wir natürlich den Tag nutzen und Nairobi unsicher machen…

 
Die Nairobi-Skyline
 
Im Riesenrad über Nairobi

Einen Tag später kam dann auch Tom dazu und damit war unsere kleine Reisetruppe vollständig. Nach dem ewigen Hin und Her, weil Toms Fluggesellschaft ein paar Wochen vorher den Flug gestrichen hatte, freute ich mich sehr, dass letzten Endes doch zum Glück alles geklappt hat und die beiden in Kenia gelandet waren! Salome bot uns netterweise an, für die Tage in Nairobi bei ihr unterzukommen. Als Dankeschön hatte Tom ein Päckchen Pumpernickel inklusive Nussnougatcreme aus Deutschland mitgebracht, um ihr zu zeigen, was „richtiges deutsches Brot“ ist ;). In Kenia gibt es nämlich nur Toast und von Brotaufstrichen brauche ich gar nicht erst anzufangen… Da vermisst man doch die deutsche Frühstückskultur! Obwohl ich nicht weiß, wie ich nach einem Jahr von täglich frischer Avocado-Creme wieder runterkommen soll… Wir verbrachten noch einen Tag in Nairobi, bevor wir uns auf den Weg in unser kleines Backpacker-Abenteuer machten.

 
Auf dem KICC-Tower




 
Das Abenteuer begann mit einem Tag voller Matatu-Fahrten und ich glaube für jemanden, der das noch nicht kennt, ist das schon Abenteuer genug! Man muss sich auf jeden Fall von jeglichen deutschen Vorstellungen von „Reisekomfort“ verabschieden und dann kann es – zumindest für die ersten paar Stunden – relativ witzig sein. 

Allerdings war es ziemlich anstrengend, mit dem ganzen Gepäck (unter anderem mehrere Reiserucksäcke und Taschen und Zelt) in Nakuru umzusteigen, essen zu gehen und Proviant einzukaufen. Aber ich wollte versuchen, das Budget für den Urlaub studentengerecht zu halten und da war ein privater Fahrer nun mal nicht mit drin. Außerdem hatte ich so das Gefühl, immerhin weniger touristisch reisen zu können. Der Nachteil, den das mit sich brachte, war, dass Matatus ja erst fahren, wenn sie voll sind. Dadurch hatten wir so lange Wartezeiten, dass wir abends in der Dunkelheit noch im Matatu saßen, auf einer Landstraße, die uns in irgendein Kaff namens Marigat bringen sollte, in dessen Nähe sich ein Nationalpark namens Lake Bogoria Reserve befand, der inzwischen eigentlich schon geschlossen hatte. Das war ein bisschen spannend, weil wir nicht wussten, wo wir übernachten sollten, und die Leute in Marigat uns eine Lodge für 120 Dollar pro Person andrehen wollten, was auch nicht unbedingt studentengerecht war. Zum Glück hatte ich aber die Nummer von den Guards im Nationalpark, die so lieb waren, für uns aufzuschließen, sodass wir am Eingang zelten konnten. Ich hatte mir schon einige Szenarien ausgemalt, wie der Tag hätte enden können, aber nicht, dass wir es doch noch schafften, am Lagerfeuerchen zu Abend zu essen und unterm Sternenhimmel zu zelten. 





Mein Reiseführer hatte uns übrigens von „einer Nacht voller wunderbarer afrikanischer Geräusche“ im Nationalpark vorgeschwärmt. Neben Grillen und Fröschen war der Zeltplatz allerdings auch von Ziegen und Kühen behaust, sodass das afrikanischste Geräusch wohl ein lautstarkes „MUH!“ war, das uns mitten in der Nacht weckte, als eine Kuh vor unserem Zelt stand. So viel dazu.

Der nächste Tag begann mit einem Sonnenaufgang am Lake Bogoria und hätte wohl nicht schöner beginnen können.






Danach wurden wir mit einem Auto durch den Nationalpark gefahren, was aufgrund der großen Distanzen und der knallenden Sonne trotz Toms Naturverbundenheit auch nicht anders möglich gewesen wäre. Lake Bogoria Reserve ist ja ein eher kleiner und weniger besuchter Nationalpark, aber inzwischen mein absoluter Geheimtipp. Die Szenerie dort ist einfach einzigartig und wohl die schönste, die ich bisher in Kenia gesehen habe. Mein Lieblingsmotiv war der Blick auf den großen, stillen See, durch deren glänzende Oberfläche die Flamingos mit ihren dünnen Beinchen staksten wie durch einen großen flüssigen Spiegel, und im Hintergrund zeichneten sich die blassblauen Konturen der Berge vor dem strahlenden Himmel ab.







Eine weitere Besonderheit sind die heißen Quellen, die aufgrund der vulkanischen Aktivität am Seeufer aus dem Boden sprudeln. Da konnten wir uns passend zum Osterwochenende vollständig naturbetrieben ein paar Eier kochen – mal was anderes!



Im Anschluss ging es für ein paar Tage nach Kisii. Es war so schön für mich, den beiden mein neues Zuhause zeigen zu können! Mit allem, was dazu gehört: meinen Lieblingsrestaurants, meinem Schneider, meinem Friseursalon, dem Kleidermarkt, der ersten Piki-Piki-Fahrt, einer Wanderung auf Manga Rich (inklusive typischem nachmittäglichen Regenguss) und natürlich auch ein bisschen Kisii Night Life ;).

 
Erste Piki-Piki-Fahrt


Spaziergang durch Kisii

Markt in Kisii

Avocados à la Kisii

Essen bei Regina

Ugali (Maisbrei) mit sukuma wiki ("Wochenkohl")... mmmh


Manga Rich...


...mit Wetter à la Kisii ;)

Feiern gehen in Kisii...

...mit Dancemoves à la Kenya ;)

Ein bisschen anstrengend ist es ja schon, als mzungu-Gruppe durch Kenia zu reisen, weil man sofort als Touristen entlarvt wird. An jeder Ecke muss man den Preis auf weniger als die Hälfte herunterhandeln, um überhaupt etwas näher an den realistischen Wert heranzukommen. Und wenn man irgendwo ist, wo man sich nicht auskennt, wird das natürlich umso schwieriger. Einmal wurden wir sogar so offensichtlich abgezockt, dass selbst mir der Geduldsfaden gerissen ist und ich so lange Theater gemacht habe, bis wir das Geld zurück hatten. Man muss dazu sagen, dass ich außerdem auch noch hungrig und müde war, was mein Aggressionspotenzial um einiges steigert. Normalerweise nehme ich das etwas gelassener. Schließlich kann man es den Mitarbeitern an der Matatu-Station ja nicht verdenken, dass sie versuchen, aus der reichen und unwissenden mzungu-Truppe, die sie da vor sich haben, das meiste herauszuholen. Immerhin verbrachten wirdeutschenStudenten gerade einen Urlaub, den sich der Großteil der kenianischen Berufstätigen nicht leisten könnte. Da gerät das Gerechtigkeitsgefühl schnell ins Kippen… Jedenfalls war es dann für mich umso schöner, die beiden in Kisii herumführen zu können, wo ich mich auskannte und zumindest in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mehr war als nur ein Tourist oder nur der mzungu.

 
Touri-Tiiiiime im Maasai Mara


Ein Highlight des Urlaubs war auf jeden Fall die Fahrt mit Tobis Familie durch die Maasai Mara. Unser Freund Jeff bot uns an, uns kostenlos zu fahren, was uns nochmal einige Kosten ersparte und uns bei dem hohen Eintritts- und Übernachtungspreis nur gelegen kam. Nationalparks sind nun mal auch für mzungu-Verhältnisse sehr teuer, aber sie lohnen sich auf jeden Fall! Clarissa und Tom hatten das unfassbare Glück, in nur einem Nationalpark alle Big Five, d.h. Löwe, Leopard, Elefant, Büffel und Nashorn, zu sehen!! Auch wenn wir Toms Naturverbundenheit wieder unterbinden mussten, der in dem Gelände lieber wandern gegangen wäre anstatt sich das Ganze aus dem Auto anzugucken. Da muss man der eigenen Sicherheit und dem Naturschutz zuliebe doch ein bisschen zurückstecken…Maasai Mara ist eben nicht Thüringer Wald ;)!

 
Büffel in der Maasai Mara


 
Straußen


Giraffe... ja, ok, selbsterklärend ;)













 
Leopard... nicht unbedingt ersichtlich ;)


Gepard





Gnus... Tobis Vater nach die "Hippies" der Savanne ;)

...und damit waren die Big Five vollständig :)
Ostersonntag haben wir dann im Nationalpark verbracht – auch mal was anderes! Für mich war die schönste Überraschung, dass Tobi mir ein kleines Ostergeschenk mitgebracht hatte. Das hat darüber hinweg getröstet, dass es diesmal keinen Lindt-Hasen gab. Unser nachgeholtes Osterfrühstück in Kisii inklusive original bayrischem Osterzopf von Tobis Vater hat es dann völlig rausgehauen! So haben wir nach unserer deutsch-kenianischen Weihnachtsfeier auch die Osterfeier gut über die Bühne gebracht :)!

 
Ostern in der Maasai Mara


Sowas können auch nur Bayern :D!

(Fortsetzung siehe "KTC: Ein Stück Heimat im neuen Zuhause - Teil 2")