Es ist Sonntag, der 1. Februar
2015, und draußen knallt die Sonne vom blauen Himmel. Es ist Trockenzeit hier
in Kisii und so warm wie schon lang nicht mehr. Heute Nachmittag wollen Anna
und ich ins Schwimmbad gehen und man kann sich kaum vorstellen, dass es in
Deutschland mittlerweile Minusgrade sind und der Schnee seelenruhig vom Himmel
fällt als wäre es das Normalste der Welt. Während die Jahreszeiten in Kisii
stehen geblieben zu sein scheinen und es für uns quasi seit fünf Monaten Sommer
ist, vergeht die Zeit nichtsdestotrotz wie im Flug. Wo sind die letzten zwei
Monate nur geblieben? Wir waren so viel unterwegs, haben so viel Neues gesehen
und so viele unterschiedliche Eindrücke gesammelt. Ich glaube, wenn ich nicht
diesen Blog schreiben würde, käme ich gedanklich gar nicht mehr hinterher. In
meinem Kopf schwirrt ein buntes Kaleidoskop aus Bildern, Geräuschen, Gerüchen
und Gesprächen umher, das sich aus dem Raum- und Zeitkontinuum fast losgelöst
zu haben scheint. Zwei Monate. Vier afrikanische Länder. Das klingt so
unglaublich wie es ist. Nach unseren Abenteuern in Uganda, den kenianischen
Nationalparks und Silvester in Südafrika stellte Tansania die letzte Etappe unserer
kleinen Afrikareise dar.
Was uns auf dieser Reise
erwartete war eine 18-stündige Fahrt in dem heruntergekommensten Reisebus, den
ich je gesehen habe. Er war abgenutzt und stickig und vorne fehlte sogar die
Motorhaube. Mir war es allerdings relativ gleichgültig, da ich nur froh war, in
irgendeinem Gefährt zu sitzen, in dem ich halbwegs schlafen konnte. Insgesamt
dauerte unsere Fahrt von Kisii über Nairobi bis nach Dar-Es-Salaam über 24
Stunden und am Ende konnten wir nur das hoffnungsvolle Fazit ziehen, dass wir
auf dem Rückweg eine bessere Busgesellschaft wählen würden und die Rückfahrt
angenehmer werden würde… Dagegen muss man sagen, dass uns in Tansania mal wieder eine unglaublich schöne Landschaftssafari erwartete. Im Gegensatz zu Uganda, das wir hauptsächlich als sattgrüne Dschungellandschaft wahrgenommen haben, würde ich die tansanische Landschaft vor allem als eine Mischung aus orange und hellgrün beschreiben. Auf der Fahrt durch den Norden Tansanias tun sich beeindruckende Felsformationen vor einem auf, die spärlich mit hellgrüner Vegegation bedacht sind und vor denen das Orange des staubigen Bodens nur so leuchtet. Die vereinzelten Siedlungen wirken mit ihren pastellfarbenen Steinhäusern ungewöhnlich gediegen und gepflegt. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die ostafrikanischen Nachbarländer teilweise unverkennbar ähneln und wie sie doch alle ihre besonderen Eigenarten aufweisen.
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| Stoffmarkt in Dar-Es-Salaam |
In Dar-Es-Salaam fand das
Zwischenseminar unserer Entsendeorganisation Via e.V. statt, sodass uns sogar
die Reisekosten finanziert wurden.Nachdem dies schon das gefühlt tausendste
Seminar in meinem Leben war, hätte ich nicht gedacht, dass es mir persönlich
doch noch so viel bringen würde. Ich merkte, wie ich im Laufe der Woche aus der
einen oder anderen Sackgasse wieder herausfand, in die ich in der letzten Zeit
im Alltag oder in der Schule gelaufen war. Außerdem konnte ich endlich mit
meinem „Tansania-Traum“ abschließen, der mich in der Anfangszeit von Kenia noch
verfolgte. Aus einer leidenschaftlichen Eingebung heraus wollte ich nämlich
ursprünglich nach Tansania und nicht nach Kenia gehen. Ich hatte mir ein
Wunschprojekt in Dar-Es-Salaam herausgepickt, auf das ich alle meine Hoffnung
gesetzt hatte und bei dem ich prompt abgelehnt wurde. Mein chinesischer Glückskeks hatte Folgendes dazu zu sagen:
„If we can’t get what we like, let us like what we can get.“ Ich habe
ziemlich genau ein Jahr gebraucht, um diesen Satz für mich zu verwirklichen,
und er ist inzwischen wie eine Art Motto für mein Jahr hier in Kenia geworden. Der
Aufenthalt in Dar-Es-Salaam hat mir dabei nochmal deutlich geholfen, da ich
ironischerweise genau die Freiwillige kennen lernte, die „mein“ Projekt
bekommen hatte und zu allem Überfluss auch noch perfekt Kiswahili sprechen
gelernt hatte.
Ein großer Unterschied zwischen
Tansania und Kenia ist nämlich, dass man in Tansania mit Englisch fast gar
nicht weiter kommt und man dadurch fast automatisch Kiswahili lernt. Nach der
Besetzung durch die Deutschen (1891-1919) und die Briten (1919-1961) bemühte
sich nämlich der erste Präsident Tansanias, Julius Nyerere, wie kein anderer um
die gemeinsame Identität und Einheit des Landes und konnte Kiswahili als
Ethnien übergreifende Landessprache durchsetzen. Ihm ist es zu verdanken, dass
bei 130 verschiedenen Ethnien in Tansania keine die Oberhand gewonnen hat und
alle friedlich miteinander leben. Von dieser inneren Stabilität kann das
Nachbarland Kenia nur träumen, in dem die Spannungen zwischen den dominanten Kikuyu
und den anderen Volksgruppen (v.a. Luo) regelmäßig zu politischen Konflikten
führen. (Quelle: „KulturSchock Tansania“ von Reise Know-How)
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| Ein "Dalla-Dalla", das tansanische Matatu |
Doch das nur am Rande. Ich saß
also endlich in meinem Traumland Tansania und musste mich damit abfinden, dass
das Leben nun mal kein Wunschkonzert ist. Und ob ihr’s glaubt oder nicht, es
hätte mir nichts Besseres passieren können als dieser Kurzaufenthalt in
Dar-Es-Salaam. In der inoffiziellen Hauptstadt Tansanias ist es nämlich sehr
laut, voll, staubig, feucht und heiß. In der kurzen Zeit, in der ich dort war,
hat sich jede kleinste Verletzung an meinem Körper theatralisch entzündet und
tagsüber sowie nachts konnte man es eigentlich nur in Räumen mit Ventilatoren oder
Klimaanlagen aushalten. Jede Fahrt im überfüllten Dalla-Dalla (die tansanische
Version von Matatus) wurde zur Mehrpersonensauna, während man in den
vollgestopften Straßen im Stau stand. Wunschprojekt hin oder her, am Ende war
ich wirklich froh, wieder in unserer Kleinstadt Kisii zu sein, in der eine Fahrt
von einem bis zum anderen Ende mit dem Piki-Piki gerade mal drei Minuten
dauert, während einem immer eine kühle Brise um die Nase weht.Im Grunde ist es
ja auch ein Luxusproblem, einen vom Staat unterstützten einjährigen
Auslandsaufenthalt nicht in genau dem Land zu bekommen, das man sich wünscht. Ich
glaube, es ist wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, wie dankbar man
für all die Dinge sein kann, die man hat.

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| Wir "Kenianer" mit der Tansania-Freiwilligen Anna (links) |
Neben einer kleinen Shoppingtour
über den Stoffmarkt Dar-Es-Salaams unternahmen wir mit der Seminargruppe noch
einen Ausflug nach Bagamoyo. Dies ist eine tansanische Küstenstadt, die früher
einmal der Dreh- und Angelpunkt des Sklavenhandels gewesen war. Aus dem
tansanischen Inland wurden tausende von Sklaven über Handelsrouten bis zur
Küste verschleppt und von dort aus nach Sansibar gebracht, wo sie entweder
direkt auf Plantagen arbeiten mussten oder weiter in französische Kolonien im
Indischen Ozean (Mauritius und Réunion) und in arabische Länder verschifft
wurden.
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| Am Strand von Bagamoyo |
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| Transportbedingungen auf einem Sklavenschiff |
Zwar war der Westen Afrikas am Schlimmsten vom Sklavenhandel betroffen,
aber auch in Ostafrika begann das grausame Geschäft ab dem frühen 19. Jh. zu
boomen. Um 1840 entwickelte sich Sansibar zu einem der größten Sklavenmärkte
der Welt (Quelle: Reisehandbuch „Kenia, Tansania“ von DuMont). In Bagamoyo
besuchten wir ein Museum über die Geschichte des Sklavenhandels. Während einige
von uns es in einer halben Stunde durch das kleine Museum schafften, konnte ich
mich nur langsam durch die schwer verdaulichen Informationen kämpfen. Ich kann
mich noch genau an den Moment erinnern, als ich vor einer originalen Eisenkette
stand, mit der damals die Sklaven gefesselt wurden, während es mir kalt den
Rücken herunterlief.
Für uns ist so ein Ausflug wie
ein kleiner Abstecher in einen Horrorfilm, aus dem man dann am Ende herausgehen
kann, mit dem guten Gefühl, dass uns
das ja zum Glück nicht betrifft. Trotzdem ist diese Sklavenarbeit Teil unserer
Geschichte und auch ein Grund dafür, dass der enorme industrielle und
wirtschaftliche Aufschwung in Europa erst möglich wurde. Und obwohl die
Sklavenarbeit inzwischen offiziell abgeschafft wurde, ist sie auch heute
noch ein aktuelles Problem. Im Jahr 2013 gab es weltweit 30 Millionen Sklaven. Am stärksten davon betroffen sind Länder im südlichen Asien und Westafrika (siehe "The Global Slavery Index 2013"). Mit den Produkten, die wir kaufen, unterstützen wir Sklavenarbeit weltweit. "Usbekische Kinder pflücken Baumwolle für unsere T-Shirts, brasilianische Männer ernten Zuckerrohr unter unmenschlichen Bedingungen für uns und kleine Jungen im Kongo schuften in Minen, um die Rohstoffe für unsere Smartphones abzuschöpfen." (Die Welt, 01.12.2014) Auf der Website slaveryfootprint.org kann man sogar ermitteln, wie viel Zwangsarbeit und wirtschaftliche Ausbeutung man selbst mit seiner eigenen Konsumentscheidung unterstützt. Doch auch in Deutschland arbeiten
heutzutage nach Angaben der Welt noch
mehr als 10.000 Menschen in Zwangsarbeit, vor allem in der Landwirtschaft, der Pflege,
dem Hotelgewerbe und der Schlachtindustrie. Und das sind nur einige Beispiele dafür, dass uns das Thema auch heutzutage sehr wohl noch betrifft.
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| Fahrt nach Sansibar mit Blick auf Dar-Es-Salaam |
Nach dem Seminar verbrachten
Anna, Luisa, Miri und ich noch ein paar Tage auf Sansibar und besuchten die
dortigen Via-Freiwilligen Anna und Sophia. Als wir mit der Fähre das Meer
überquerten, meinte Lu zu mir: „Kannst du dir vorstellen, dass die Sklaven
damals denselben Weg zurückgelegt haben wie wir gerade?“ Nur dass die Sklaven
etwas wesentlich anderes erwartete als ein angenehmer Kurzurlaub…
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| Boote vor Sansibars Küste |
Auf Sansibar
besuchten wir noch den ehemaligen Sklavenmarkt, auf dessen Platz eine Kirche
als Denkmal errichtet worden war. Früher wurden hier die Sklaven an einen Baum
gebunden und ausgepeitscht, um ihr Durchhaltevermögen und damit ihren Marktwert
zu bestimmen. An dieser Stelle ist heute ein heller Kreis in den Marmorboden der
Kirche eingelassen, der von rotem Marmor umgeben ist, das Blut symbolisieren soll.
Außerdem besuchten wir die Sklavenhöhlen, in der die Menschen teilweise zu
siebzigst in einem kleinen, engen Raum zwei bis drei Tage lang wie Tiere gehalten
wurden, biswieder Markttag war. Das Ausmaß dieses Elends war für uns schlicht
und einfach nicht zu begreifen.
Das ist die unschöne Seite des berühmt
berüchtigten Sansibar und sicherlich nicht diejenige, für die es bekannt ist.
Sansibar – Das heißt doch eigentlich: weiße Sandstrände, türkisblaues Wasser
und raschelnde Palmenblätter in der lauen Abendluft. Ja, sicherlich, diese
Szene findet man auch auf Sansibar. Dabei ist Sansibar noch viel mehr als das. Zuerst
einmal ist Sansibar gar keine Insel wie man meinen möchte, sondern ein
Insel-Archipel, das aus der Hauptinsel Unguja (landläufig als Sansibar
bezeichnet) und an die 50 weiteren kleineren Inseln besteht. Erst 1964 wurde
Sansibar (San) mit dem Festland „Tanganyika“ (Tan) vereint und zur Nation
„Tansania“ erklärt. Bis heute behält es einen semi-autonomen Status und wählt
seinen eigenen Präsidenten. Im Gegensatz zum Festland, wo die Mehrheit der
Tansanier christlich ist, sind auf Sansibar fast hundert Prozent Muslime. Das
erklärt auch, warum es immer wieder zu Auseinandersetzungen bis gewaltsamen
Zwischenfällen mit Touristen kommt, die ihren wohlverdienten Privaturlaub als
Grund genug nehmen, sich alles zu erlauben und in rein muslimischen Gegenden im
Bikini herumzulaufen.
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| Marktszene auf Sansibar |
Vor allem ist Sansibar ein
Schmelztiegel der Kulturen. Aufgrund der strategisch günstigen Lage war die
Hauptinsel früher die Handelsdrehscheibe für Kaufleute aus Indien und
arabischen Ländern und wurde zeitweise sogar zum Hauptsitz des omanischen
Sultans Sayyid. Noch heute sind die Einflüsse der vielen verschiedenen Kulturen
auf Sansibar deutlich spürbar. Man kann sie sehen, hören, riechen und
schmecken. Wenn man durch die kleinen Gassen Stonetowns schlendert, in denen die
weiß getünchten Häuser dicht an dicht stehen, kann man die wunderschönen
arabischen Ornamente in den Holztüren bestaunen. In den Läden findet man eine
Mischung aus afrikanischem Kleinkunstwerk, bunten Tüchern und indischem
Schmuck. Bei einer Tasse Gewürztee kann man die kunstvollen Hennazeichnungen
auf den Händen der Frauen betrachten, die in ihren schwarzen Gewändern
vollständig verhüllt vorbei eilen. Abends, wenn die Stadt in ein sanftes
Zwielicht getaucht wird, hört man den Ruf des Imam durch die Gassen klingen.
Und falls man nochmal Hunger bekommt, kann man später noch auf den „Night
Market“ gehen, der einen mit einer Duftwolke aus gebratenem Fleisch,
frittierten Meeresfrüchten und allerlei sonstigen Leckereien empfängt. Hier ein paar Eindrücke:
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| Auf dem Gewürzmarkt |
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| Auf dem Stoffmarkt |
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| Sonnenuntergang am Strand von Nungwi |
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| Auf dem Night Market |
Trotz allem wollten wir uns
natürlich auch das „Urlaubsparadies Sansibar“ nicht entgehen lassen und
unternahmen ein paar kleinere und größere Ausflüge an den Strand und die
umliegenden Inseln.
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| Eine Dhow - ein typisches Segelschiff auf dem Indischen Ozean |
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| Fahrt nach Prison Island |
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| Blick auf Prison Island |
Mit einem kleinen Boot fuhren wir
auf eine Insel, wo es Riesenschildkröten gab. Und mit „Riesen-“ meine ich
wirklich riesig!! „Giant Turtoises“ nannten sich die Dinger und waren so groß,
dass man auch locker drauf hätte reiten können (wenn es nicht durch ein
Verbotsschild explizit untersagt gewesen wäre). Es war beeindruckend, den
großen Tieren beim Fressen zuzuschauen, und sie sahen ein bisschen aus wie die
Dinosaurier der Neuzeit. Später erwischten wir sie sogar beim
Geschlechtsverkehr, was für die Riesen ein ziemlicher Kraftakt gewesen sein
muss. Das war eine, ähm, ich sag mal außergewöhnliche Szene.
„Riesenschildkröten beim Sex“ – definitiv filmreif. Danach gingen wir noch im
türkisblauen Wasser schwimmen und sonnten uns am weißen Sandstrand.
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| Auf Tuchfühlung mit Riesenschildkröten |
Unser zweiter Bootsausflug war
noch etwas abenteuerlicher. Mit dem Boot fuhren wir raus auf die offene See, da
wir auf der Suche nach Delfinen waren. Teilweise waren die Wellen so hoch, dass
wir mit dem Boot aus zwei Metern Höhe aufs Meer platschten und uns das Wasser
nur so um die Ohren klatschte. Mir hat das sehr viel Spaß gemacht, aber Anna
und Luisa wurden dabei leider auch ziemlich seekrank.
Wir starteten vom Norden aus,
obwohl die Delfintouren normalerweise im Süden stattfinden. Doch eine deutsche
Urlauberin hatte uns erzählt, dass dort die kommerziellen Touren sogar die
Tierschützer auf den Plan rufen, da die Tiere dort meist zusammengetrieben
werden, um als Spielzeuge für die Touristen herzuhalten. Sie konnte uns Marco
Polo, einen privaten Anbieter, vermitteln, der mit uns auf seinem Boot raus
aufs Meer fuhr und die Delfine suchte, ohne sie in ihrer natürlichen Umgebung
und Verhaltensweise zu stören. Das hieß allerdings auch, dass es nicht sicher
war, ob wir welche finden würden.
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| Delfiiiiine!!! |
Umso glücklicher waren wir dann,
als es hieß: „Look overthere! Dolphins!“ Und tatsächlich, in unmittelbarer
Entfernung zu unserem Boot sprangen abwechselnd ein Dutzend Delfine aus dem
Wasser. Sofort schnappten wir uns unsere Flossen und Taucherbrillen und
sprangen auf „3 – 2 – 1 “ ins offene Meer.
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| 3...2...1... |
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| Mit Delfinen schwimmen |
Ich hatte Glück und landete direkt
über einer Gruppe Delfine, die unter mir durchs Wasser gleitete. Die Tiere
bewegten sich unglaublich grazil und elegant. Sie drehten sich verspielt von
einer Seite auf die andere und wenn man nah genug dran war, konnte man sogar
die typischen Laute hören, die sie von sich geben. Ich streckte die Hand aus
und hatte das Gefühl, fast einen von ihnen berühren zu können. Dort im Wasser,
umgeben von der Stille des Ozeans und den Gesängen der Delfine, das war ein
Moment, den ich wohl nie wieder vergessen werde.
Immer wieder kletterten wir
zurück aufs Boot, fuhren den Delfinen hinterher, sprangen wieder ins Wasser und
schwammen ein Stück mit ihnen. Leider wurde das ganze Glück irgendwann getrübt,
als ich plötzlich ein Brennen an meinem Körper spürte. Ich glaubte, dass es eine Qualle war, und fuchtelte
ziemlich panisch herum. Zurück auf dem Boot war die Feststellung ziemlich erbärmlich,
dass ich vor einer winzigen Miniqualle Reißaus genommen hatte. Die Dinger
heißen Medusas, sind winzig klein und verursachen aber leider ziemliche
Schmerzen. Zum Glück sind sie aber nicht gefährlich und der Schmerz geht
vorbei. Als wir auf einer Sandbank Halt machten, um uns zu sonnen und baden zu
gehen, erwischte mich schon wieder eine so unglücklich am Fuß, dass ich den
Rest des Aufenthalts mit Kühlen verbrachte.
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| Das ist übrigens Bill Gates' Insel |
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| Zwischenstopp auf der Sandbank |
Dafür war die nächste Aktivität –
Schnorcheln am Korallenriff – umso schöner. Ich war überwältigtvon dem Bild aus
Korallen, Seesternen, Seeigeln und Salzwasserfischen und es war einfach nur
wunderschön. Man konnte sämtliche Fische aus „Findet Nemo“ wiedererkennen!
Marco Polo holte uns sogar einen Kugelfisch herbei, den er uns vor die Nase
hielt und den wir anfassen durften – ein unfassbar possierliches Tierchen.
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| Schnorcheln über dem Korallenriff |
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| Mit unserem Guide Marco Polo |
Zum Abschluss gab es für uns noch
lecker frisch gefangenen Thunfisch mit Reis und Kalamari zum Mittag, bevor es
zurück an Land ging.
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| Lecker Seemannsessen |
Das Fazit von diesem Tag war eine
Mischung aus einzigartigen Erlebnissen, Sonnenbrand und Sonnenstich. Am
nächsten Tag ging es uns wegen Letzterem so schlecht, dass wir unseren
Aufenthalt im Guesthouse um einen Tag verlängerten und diesen größtenteils im
Bett verbrachten. Anna hatte es am Schlimmsten von uns erwischt und ich hab in
meinem Leben noch keinen so krassen Ganzkörpersonnenbrand gesehen!! Pole sana…
Am letzten Tag bekamen wir noch
eine Privatführung durch Stonetown von der Via-Freiwilligen Anna. Sie hat uns
mit so viel Freude und Engagement „ihr“ Sansibar gezeigt, dass es unseren
Urlaub dort unglaublich aufgewertet hat, und ich bin sehr froh, sie kennen
gelernt zu haben.
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| Teetrinken mit Anna |
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| Blick auf Stonetown |
Schließlich stand die Heimreise
an. Wir hatten tolle, einzigartige Erlebnisse gemacht und trotzdem freute ich
mich, endlich wieder zurück nach Hause zu kommen – allein schon wegen des
Klimas. Doch unser Vorhaben stellte sich komplizierter heraus als gedacht. Wisst
ihr noch, dass wir uns geschworen hatten, dass die Rückfahrt besser werden
sollte als die Hinfahrt? Da hatten wir uns aber getäuscht…
Die Fähre, die wir eigentlich
nehmen wollten, war schon voll besetzt, sodass wir statt einer zweistündigen Überfahrt
eine Nachtfähre über 9 Stunden nehmen mussten, um unseren bereits gebuchten Bus
am nächsten Morgen in Dar-Es-Salaam noch zu erwischen. Unglücklicherweise hatte
ich mir am letzten Abend auf dem Night Market eine Lebensmittelvergiftung
zugezogen, die sich auf der Fähre prompt bemerkbar machte. Ich verbrachte also
die 9 Stunden damit, auf der Toilette meinen gesamten Magen- und Darminhalt zu
entleeren. Zum Glück ging es mir danach besser, sodass ich die Busfahrt ab
Dar-Es-Salaam antreten konnte. Als wir um sechs Uhr morgens mit einer Stunde
Verspätung in Dar-Es-Salaam anlegten, war der Bus aber bereits abgefahren,
sodass wir spontan einen Bus nach Arusha nehmen mussten, um dort zu übernachten
und am nächsten Tag nach Nairobi weiterzufahren. Den größten Teil der Busfahrt
verbrachte ich auf dem Boden liegend, da ich so meine Schwindelgefühle und
Magenkrämpfe minimieren konnte. Mir kam es nur recht, dass wir einen
Zwischenstopp in Arusha machten, wo ich wenigstens im Bett liegen konnte.
Ein Gutes hatte dieser Umweg aber
auch: Wir durften den Kilimanjaro nochmal von tansanischer Seite aus
betrachten! Ich weiß ja nicht, was es mit diesem Berg auf sich hat. Vielleicht
ist es der Fakt, dass dort oben Schnee am Äquator liegt. Auf jeden Fall zieht
mich dieses Bild immer in einen magischen Bann, wenn ich diesen Riesenkoloss am
Horizont thronen sehe.
Ich glaube, ihr könnt euch
vorstellen, wie froh ich war, nach zwei Tagen Fahrt endlich wieder in Kisii
anzukommen. Ich bin ja jemand, der reisen liebt, und ich bin unglaublich
dankbar dafür, dass ich das Privileg genießen darf, mit 24 Jahren bereits so
wunderbare Reisen gemacht zu haben, obwohl ich noch nicht einmal selbst Geld
verdiene. Reisen bedeutet für mich eine Erweiterung meiner Erfahrens- und
Erlebenswelt und irgendwie auch meines Denkhorizonts. Und trotzdem kann ich nun
sagen, dass ich nach diesen zwei Monaten „Afrikareise“ irgendwie auch erstmal
genug davon habe. Ich habe das Gefühl, ich bin jetzt erstmal mit Eindrücken
gesättigt und freue mich, meinen Alltag und meinen körperlichen Komfort wieder
zu haben. Aber vor allem freue ich mich, die Schüler und Schülerinnen der
Special School wieder zu sehen! Es war so ein toller
Moment, wieder in die Schule zu kommen und es kommen Dutzende von Kindern auf
einen zu gerannt und springen einem in die Arme! Selbst unsere Namen hatten sie
noch nicht vergessen. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, endlich auch in der
Schule angekommen zu sein. So undefinierbar wie unsere Rolle als Freiwillige
manchmal ist – irgendwie merkte ich plötzlich, dass ich hierher gehörte und
mich hier eingefunden hatte. Nicht in Tansania und nicht anderswo. Sondern in
Kisii. Und plötzlich fallen einem dann so komische Eigenarten an einem selber
auf, seien es bestimmte englische Wörter oder kenianische Gesten, die man
unbewusst in seinVerhaltensrepertoire eingebaut hat und die einem zeigen, dass
die paar Monate in Kenia doch schon ihre Spuren hinterlassen haben. Nicht nur
auf unserer Haut und in unserem Hüftspeck, sondern auch in unseren Herzen. Und
das ist der Platz, wo wir hingehören. Das ist unser kleines Kenia.
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| Mit Mary |