Donnerstag, 9. Oktober 2014

Nairobi: Kenia im Brennspiegel



In der Moi Avenue in Nairobi


„Nairobi ist so etwas wie Kenia in einem Brennglas: die ganze Gesellschaft mit allen ihren Widersprüchen zusammengezogen in einer Stadt.“ Dieses Zitat von Ingrid Laurien aus ihrem Buch „Kenia – Ostafrika für Neugierige“ beschreibt ziemlich gut, wie wir Nairobi wahrgenommen haben, als wir unser verlängertes Wochenende – in der Schule sind gerade half-term Ferien – dort verbrachten. Das Buch ist übrigens nur zu empfehlen, falls man sich für Kenia interessiert, da es anhand persönlicher Eindrücke und langjähriger Erfahrungen einer deutschen Einwanderin einen lebendigen und differenzierten Einblick in die kenianische Geschichte und Gesellschaft gibt.

Allein die Fahrt nach Nairobi war schon ein Erlebnis! Für nur 9 Euro hatten wir mit dem Reisebus nicht nur ein günstiges Transportmittel, sondern quasi eine 6-stündige Safari durch die kenianische Landschaft gebucht. Als wir Kisii verließen, war die Aussicht noch geprägt von immergrünen Bergen, die sich in sanften Wogen durch die Landschaft zogen und mit kleinen Häusern und Hütten besprenkelt waren, deren Blechdächer silbern in der Sonne glänzten. Zwischen den Kaffee-, Tee- und Zuckerrohr-Feldern, die wie ein karierter Teppich die Hügel bedeckten, wuchsen in üppiger Pracht verschiedenste Bäume, Büsche und Bananenstauden gen Himmel.

Umgebung von Kisii

Ab und zu fuhren wir dann durch einige kleinere Ortschaften und Städte, deren buntes Treiben man kaum in Worten wiedergeben kann. Vor den dicht an dicht gebauten Shops, deren Steinfassaden mit bunter Werbung – meist für Handyanbieter, Kaugummi oder Coca Cola – bemalt waren, saßen die Verkäufer vor ihren Planen mit Altkleidung und die Marktfrauen vor ihren behelfsmäßig zusammengezimmerten Gemüseständen und warteten auf ihre Kunden. Zwischendurch knatterten die Piki-Piki-Fahrer vorbei, ein paar Hühner schauten aus ihren Ställen und die Ziegen grasten am Straßenrand, bevor sie dann in buntem Schriftzug als „Nyama Choma“ („Geröstetes Fleisch“) in kleinen Restaurants zum Verzehr angeboten wurden. 










Nach mehreren Stunden und einem kurzen Zwischenstopp in Narok sahen wir dann plötzlich eine ganz andere Kulisse an unserem Fenster vorbeiziehen. Die Landschaft wurde flacher und uns bot sich ein Blick über weite, gelbgrüne Ebenen, die vereinzelt mitKakteen, Büschen und Schirmakazien bestückt waren. Ab und zu konnte man ein paar Gazellen am Straßenrand stehen sehen und in der Ferne führten die Massai ihre Ziegen, Schafe und Kuhherden über das Grasland. Mittendrin sahen wir ein paar Paviane an der Straße sitzen und an Maiskolben knabbern. Anna behauptet, sogar ein Zebra gesehen zu haben. Jetzt können wir uns den Ausflug in den Nationalpark ja schon fast sparen ;).







Umso größer war dann der Schock, als wir schließlich in Nairobi ankamen. Nairobi ist eine riesige, laute, dreckige und überfüllte Metropole, deren Skyline von glänzenden Hochhäusern geziert wird und den Metropolen in Europa, Amerika oder Asien in nichts nachsteht. 


Nairobi Skyline - Blick vom KICC Tower

Jeden Abend (und jeden Morgen) versinkt die Stadt im Stau – es ist Feierabendverkehr und tausende kenianischer Geschäftsleute wollen aus ihren Büros und Geschäften zurück zu ihren Familien. Es mangelt der Stadt an öffentlichen Verkehrsmitteln, ein Straßen- oder U-Bahn-Netzwerk existiert nicht und die unregelmäßig fahrenden Kleinbusse – „Matatus“ – sind ständig überbesetzt. Also blieben wir über eine Stunde in einer langen, sich schleichend bewegenden Autoparade stecken, bis wir endlich mit dem Taxi in unserem Hotel ankamen. 

Blick über Nairobi

Nach einem typischen englischen Frühstück – Toast mit Omelett, Würstchen und Marmelade, plus Tee mit Milch – nahmen wir dann am nächsten Morgen ein Taxi in den Central Business District. Dort wird die Hauptstraße von Palmen und Flieder gesäumt und führt an einigen prachtvollen Büro- und Regierungsgebäuden vorbei. Auf der Fahrt kamen wir mit Samuel, dem Taxifahrer, ins Gespräch über die kenianische Politik: „Die größten Probleme der kenianischen Politik sind der Tribalismus und die Korruption. Der Präsident benennt vor allem Angehörige seines eigenen Stammes für die hohen Ämter und jeder ist nur darauf aus, Geld für sich und seine Familie in die eigene Tasche zu wirtschaften.“

Taxifahrt mit Samuel

Ich finde es wichtig, diese Probleme nicht als inhärentes Defizit der kenianischen Staatsführungzu betrachten, sondern es vor dem Hintergrund der Kolonialisierung zu begreifen. Mit Ingrid Lauriens Worten: „Damals schuf die britische Kolonialherrschaft ein willkürliches Gebiet ohne kulturellen, ökonomischen oder geografischen Zusammenhang und nannte es einen Nationalstaat. Sie teilte die Bevölkerung in unterschiedliche ‚Stämme‘ ein, spielte diese gegeneinander aus und legte die Grundlage für eine ungerechte Verteilung des Landes. Dann versah sie das Ganze mit einer vorbildlichen demokratischen Verfassung nach dem Westminster-Modell und zog sich zurück. Dass das nicht funktionieren konnte, liegt auf der Hand.“



Parkanlage um den KICC Tower

Ich habe Samuel gefragt, ob er es bedauert, dass Kenia kolonialisiert und zu dem Staat gemacht wurde, der er heute ist. Darauf antwortete er mir: „Wir können nicht mehr zurück. Wir müssen lernen, als eine Nation zusammenzuleben. Das ist wie wenn ein Mann mehrere Frauen hat. Es ist machbar, aber kompliziert. Man muss sich anstrengen, um die beiden miteinander zu harmonisieren. Falls jemand eine Medizin hat, die die Menschen in Kenia dazu bringt, wie Brüder zusammenzuleben, dann nur her damit! Er würde dafür hoch belohnt werden.“

Uhuru Highway in Nairobi

Im Stadtzentrum angekommen mussten wir natürlich erstmal – typisch Touri – auf den Massai Markt gehen. Dort kamen so ungefähr alle Umstände zusammen, die mich stressen: zu viel Auswahl, zu viele Menschen, möglichst schnelle Entscheidungen treffen und handeln muss man auch können, wenn man nicht doppelt so viel zahlen will wie nötig. Also verbrachte ich eineinhalb Stunden damit, sämtliche Ohrringansammlungen visuell abzugrasen, Ringe, Armreifen und Schuhe durchzuprobieren, bunte Stoffe zu begutachten und die vielen Rufe der Verkäufer, die aus allen Ecken tönten und mich zu ihren Ständen locken sollten, höflich zu ignorieren. Bei dem ganzen Gewusel habe ich trotzdem versucht, geduldig und freundlich zu bleiben. Schließlich sitzen die Verkäufer und Verkäuferinnen stundenlang in der Sonne und arbeiten hart dafür, um das eine oder andere Schmuckstück loszuwerden, während man sich als Touri überlegt, ob man jetzt den Ring mit Zebrastreifen oder mit Leopardenmuster nimmt, und, ob man den Preis für die Ohrringe noch um einen Euro runterhandeln kann.

Auf dem Massai Markt




Später am Nachmittag haben wir uns mit Salome, unserer Koordinatorin von Via e.V., in einem schicken Café getroffen, wo man sogar Heinz-Ketchup zu den Pommes essen und Eiskaffee bestellen konnte. Wenn man nach westlichen Annehmlichkeiten und Köstlichkeiten sucht, dann findet man sie in Nairobi. Von der Schwarzwälder Kirschtorte bis zur italienischen Pizza. 

Im Cafe Deli

Torte mit Latte Macchiato... Hmmmm


Die gab es dann auch am Abend, als wir in ein italienisches Nobelrestaurant einkehrten. Wir hatten mit einer urigen Osteria gerechnet und fanden uns dann plötzlich in einem festlich beleuchteten und mit Feuerofen aufgewärmten Garten wieder, in dem die Kellner einen Aperitif zur Bestellung reichten und eine Live-Band gemütlichen Jazz spielte. 

Italienische Romantik




Tobi bekommt endlich seine langersehnte Pizza!


Die Gegensätze hätten wohl kaum krasser ausfallen können, da uns kurz vorher James, ein Hotelangestellter, von seiner Lebensgeschichte erzählt hatte. Er war als Waise im Slum aufgewachsen und hat wie so viele der Kinder Klebstoff geschnüffelt, um den Hunger zu vertreiben. Irgendwann wurde er dann von einer gutherzigen Frau gerettet und in ein Kinderheim gebracht. Er kam in die Schule, wo er zwar vier Mal die Klasse wiederholen musste, es aber so weit schaffte, dass er nun an der Uni Chinesisch und Französisch studiert, im Hotel arbeitet und Touren für die Touristen anbietet. Daran mussten wir unweigerlich denken, als wir uns die beste Pizza Capricciosa aller Zeiten auf der Zunge zergehen ließen. Ohne es verdient zu haben, hatten wir das Glück, in einer reichen, privilegierten Elite aufgewachsen zu sein, in der uns alle Türen offen stehen. Und irgendwie erschlich mich immer mehr das Verständnis,  dass wir nur so viel haben, weil andere so wenig haben. Unser Fortschritt und Reichtum in den westlichen Industrienationen basiert größtenteils darauf, dass wir die Ressourcen (Landflächen, Nahrungsmittel, Arbeitskräfte…) anderer Länder ausbeuten und zu unserem Vorteil vermarkten. Irgendwie weiß man das auch mehr oder weniger, aber es ist etwas ganz Anderes, diese Umstände mal aus der Perspektive der „Anderen“ zu erleben. Meine Umgangsweise damit reicht von Betroffenheit und Schuldgefühlen über Dankbarkeit für all das Gute, was mir geschenkt wurde, bis hin zu kurz aufflammendem politischen Aktivismus: Kann man denn gar nichts daran verändern? Kann ich mir durch Fairtrade-Produkte meinen Ablass erkaufen oder müsste man nicht strukturell etwas ändern? Ich finde, der Kurzfilm „The Story of Solutions“ aus dem Story-of-Stuff-Projekt aus den U.S.A. zeigt ein paar Handlungsalternativen und Lösungsansätze zu dieser Frage auf und regt zum Umdenken an. Am Ende trägt jeder selbst die Konsequenzen für seine Handlungen.

Doch nun zu einem schöneren Thema unter dem Motto: „Leben ist das, was passiert, während man andere Pläne macht.“ Eigentlich wollten wir am Sonntag das indische Viertel erkunden, dort die Moschee besuchen und am Ende auf ein Musikfestival gehen. Doch irgendwie waren Tobi und ich zu verpeilt dafür. Wahrscheinlich hat uns Anna gefehlt, die sonst immer alles durchorganisiert, aber leider von einem Magendarm-Infekt außer Gefecht gesetzt wurde – pole, pole, Anna. Im Endeffekt haben wir uns verlaufen und sind in einem Sikh-Tempel gelandet. Dort wurden wir von Priestern empfangen, in die Tempelhalle zum Beten geführt und danach mit köstlichem indischen Essen beschenkt. Die Offenheit gegenüber anderen Religionen und die Gastfreundschaft der Sikh haben uns tief beeindruckt. Es war ein starker Gegensatz zu unserem kenianischen Alltag, in dem wir schief angeguckt werden, wenn wir zugeben, nicht christlich zu sein, und uns ständig fragen, ob unser Gegenüber es nur auf unser Geld abgesehen hat. In der Ruhe des Tempels habe ich mich wie zu Hause gefühlt. Die einzigen Bilder, die von diesem Erlebnis existieren, befinden sich allerdings in meinem und Tobis Kopf ;).

Auf dem Weg zum Musikfestival sind wir am falschen Ort gelandet, weil es neuerdings verlegt wurde. Wir befanden uns also in einer Art Freizeitpark, wo arabische Familien Urlaub machten, auf Pferden ritten und über den See paddelten. Wo wir schonmal da waren, schauten wir uns schließlich die Krokodile an, die dort in einem Minizoo gehalten wurden. So konnten wir zwar kein Musikfestival besuchen, dafür aber ein Babykrokodil in der Hand halten. 

Im Freizeitpark





Irgendwie habe ich immer mehr das Gefühl, dass mein Jahr hier unter dem Motto: „Es kommt immer anders als man denkt.“ läuft ;). Aber irgendwie wird es am Ende trotzdem schön :).
Als wir schließlich im Bus auf dem Rückweg saßen und nach der langen Reise wieder in die grünen Berge des kenianischen Hochlands eintauchten, fühlten wir uns wie zu Hause. Aus dem großen, stressigen Nairobi raus kam uns das kleine Kisii wie eine Oase der Ruhe vor. Tobi meinte dazu: „Deshalb macht man doch Urlaub. Damit man sich nachher wieder auf zu Hause freut.“ Und das hat in unserem Fall zumindest funktioniert ;).

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Tabaka und Waka Waka



Kaum zu glauben, dass wir seit drei Wochen hier in Kisii sind. Einerseits vergeht die Zeit so schnell, dass man sich wundert, warum es schon Ende September ist. Wahrscheinlich stehen in den deutschen Supermärkten schon die Lebkuchen in den Regalen, während wir noch das Gefühl haben, wir würden bloß einen außerordentlich langen Sommer miterleben. Andererseits haben wir hier schon so viel Neues erfahren und gesehen, dass man sich fragt, wie das alles in drei Wochen passt.

Es fühlt sich an als wäre es gestern gewesen, dass wir zusammen mit Miri und Luisa in ihrem neuen Zuhause in Kisumu angekommen sind. Letztes Wochenende haben wir uns dann revanchiert und die beiden nach Kisii eingeladen. Da die beiden in ihrer Wohnung kein fließendes Wasser haben, war die Freude über unser Klo und unsere Dusche natürlich sehr groß. Diese hielt aber nur kurz an. Ironischerweise ist genau in der Zeit, in der sie uns besucht haben, das Wasser ausgefallen. Tja, so kann’s kommen. Manchmal denke ich mir: „Das Leben in Kenia ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt.“ ;)

Lieblingsessen: Chapatis mit Kartoffeln bei Regina

Zur Feier des Tages wollten wir dann bei Regina essen, die uns immer die besten Chapatis backt. Sie ist aus Nairobi zugezogen und hat hier ihr eigenes Geschäft in unserer Straße eröffnet, das wir entdeckt haben, als wir auf der Suche nach einer Alternative zum Mittagessen in der Schule waren. Seitdem gehen wir dort zwei Mal in der Woche essen und würden das am liebsten noch öfter tun, weil ihre Chapatis frisch aus der Pfanne mit Kartoffeln und Avocado einfach göttlich schmecken. Es war schon sehr spät am Abend und sie hatte eigentlich schon geschlossen. Trotzdem ist ihre Mitarbeiterin extra noch durch die Dunkelheit gelaufen, um uns mit frischen Chapatis zu beliefern. Das war natürlich ein überaus zuvorkommender Service und ich hatte ein schlechtes Gewissen dabei, dass wir ihr solche Umstände gemacht haben. Ich denke, wenn man wollte, könnte man sich hier als Weiße/r vieles erlauben und leisten, nur weil man gut dafür bezahlen kann. Ob man das möchte, ist natürlich eine andere Frage. Man befindet sich als Weiße/r hier immer in einer Sonderposition und wird in erster Linie in der Rolle als Geldgeber wahrgenommen. Auf der Straße wird man von wildfremden Menschen angesprochen, ob man ihnen nicht ein Mittagessen kaufen könne, man bezahlt immer einen „Weißenaufschlag“ und als Kunde wird man hofiert bis aufdringlich umschwärmt. Wenn man sich dabei allerdings vorstellt, dass wir uns als deutsche Freiwillige mit unserem Taschengeld hier einen luxuriöseren Lebensstil leisten können als die meisten Kenianer und Kenianerinnen mit ihrer täglichen Arbeit, dann kann man das nur allzu gut nachvollziehen. Es wäre naiv und ignorant, sich diese Tatsache nicht einzugestehen, wenn man auf der Suche nach einem Mitbringsel auf dem Markt von den Verkäufern „genervt“ wird, für die dieser Verkauf ihre Lebensgrundlage darstellt.

 
Fahrt nach Tabaka
Am nächsten Tag sind wir nach Tabaka gefahren, eine kleine Stadt südlich von Kisii, die eines der weltweit wichtigsten Zentren für die Produktion von Speckstein ist. Allein die Fahrt dorthin war schon ein Erlebnis, da wir uns zu neunt in einen Fünfsitzer gequetscht haben und in dem etwas überalterten Toyota („Nothing’s impossible!“) über die Schlaglöcher der rauen, staubigen Straßen geholpert sind. 
 
Kenianisches Tetris
 
Motorrad mit Maximalbesetzung

Dort angekommen waren wir die Attraktion des Tages. Der Piki-Piki-Fahrer, der uns zu den Steinbrüchen brachte, erzählte uns, dass dort selten Weiße gesehen werden, und die etlichen „mzungu“ („Weißer“) Rufe, die uns auf dem Weg begleiteten, bestätigten dies. Besonders in den ländlicheren Gegenden bekamen wir einen Eindruck davon, wie es sich anfühlt, „fremd“ zu sein, nicht dazuzugehören, von allen gemustert zu werden wie Aliens. Mr. Matara, der Schulleiter der Kisii Special School, hat uns erklärt, dass die „mzungu“ Rufe nicht bösartig oder diskriminierend gemeint sind, sondern eine Tradition darstellen, die „nicht von heute auf morgen beseitigt werden kann“.Unser Anderssein wird in diesen Fällen mit Privilegien (z.B. Reichtum, Bildung) und positiven Besetzungen (z.B. Helfer, Geldgeber) in Verbindung gebracht. Deswegen möchten viele Kenianer und Kenianerinnen gerne unsere Aufmerksamkeit haben und uns als Kunden oder Freunde gewinnen.Das „Anderssein“, was wir in Kenia erleben, ist sicherlich nicht vergleichbar mit der Art von Diskriminierung, die man als Schwarze/r in Deutschland erfahren kann.

Muzungu-Walk



 
Tabaka Town

Später im Shop konnten wir die kleinen Kunstwerke aus Speckstein bewundern, die in allen Formen und Farben verkauft wurden. Dort konnten wir sie für einen Schnäppchenpreis erwerben. Wenn man sieht, wie wenig die Hersteller vor Ort für ihre kunstvollen, handgefertigten Werkstücke verlangen, wird einem klar, wer eigentlich an den Produkten verdient, sobald sie als Importware in deutschen Geschäften landen.



Abends waren wir dann noch mit Jeff, einem Freund von uns, den wir über unsere Vorfreiwilligen kennen gelernt haben, in den Clubs in Kisii feiern und wir hatten einen echt schönen Abend. Ich muss an der Stelle jetzt wirklich mal sagen, dass ich es bewundert habe, wie gut einige Kenianer und Kenianerinnen tanzen können. Es macht richtig Spaß, dabei zuzusehen und mitzutanzen. Vielleicht kann ich mir im Laufe der Zeit hier ja etwas davon abgucken! Es ist natürlich ein gängiges Klischee über Afrikaner, das ich hier gerade bestätige. Ein bisschen was ist an Klischees ja auch dran, sonst würde es sie nicht geben. Aber sobald man mich kennen gelernt hat, weiß man auch, dass nicht jede/r Deutsche pünktlich ist ;). Ich finde es wichtig, nicht zu verallgemeinern, nicht von einer Gruppenzugehörigkeit auf die Eigenschaften eines einzelnen Menschen zu schließen und nicht nur „das eine“ Bild von Afrikanern (die an sich eine äußerst heterogene Gruppe bilden) zu vermitteln. Zum Beispiel Afrikaner als Trommler und Tänzer darzustellen und Europäer als Gebildete und Intellektuelle. Die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Adichie hat genau über diese Gefahr, „The Danger of a single Story“, eine bewegende Rede gehalten, die sehr sehens- bzw. hörenswert ist.

Wir mit kenianischem Tusker-Bier

Mitten am Abend, zwischen Kelly Clarkson und Usher, lief dann plötzlich „Waka Waka“ von Shakira. Es klingt vielleicht völlig bescheuert, aber als dann die Zeile „This time for Africa!“ durch den Raum dröhnte, wurde mir schlagartig bewusst, dass ich mich inzwischen in Afrika befand und nicht mehr in Deutschland, wo ich das Lied das letzte Mal gehört hatte. Und in diesem Moment dachte ich nicht an die Herausforderungen im Schulalltag oder die kulturelle Kluft zwischen Schwarz und Weiß. In diesem Moment war ich einfach nur glücklich. Kisii tanzte. Und ich tanzte mit.